1982
Geld für die Banken statt für Kinder mit Behinderungen und ein Spatenstich in der Telli
„Es erfüllt uns mit Verbitterung, dass Gelder, die für die Sonderschulung gedacht sind, dieser nicht direkt zugute kommen, sondern unseren Banken.“ Der „Bericht und Dank“ des Stiftungsrates im Rahmen des Jahresberichtes 1982 lässt aufhorchen: Was ist der Hintergrund?
Offensichtlich steckt der Kanton Aargau in derartigen finanziellen Schwierigkeiten, dass er seinen finanziellen Verpflichtungen nicht vollumfänglich nachkommen kann und Subventionsbeiträge in der Höhe von insgesamt CHF 950‘000.- für die Jahre 1979, 1980 und 1981 immer noch ausstehend sind. Die Autoren des Jahresberichtes errechnen, dass unsere Stiftung so pro Kind und Aufenthaltstag CHF 8.67 an Zinsen an die Banken bezahlen muss. Bei insgesamt 18‘072 Aufenthaltstagen ergibt das die stolze Summe von CHF 158‘311.-! Gleichzeitig gibt der Regierungsrat in einer Pressemitteilung bekannt, dass dem Staatspersonal des Kantons Aargau ab 01. Juli 1982 ein zusätzlicher Teuerungsausgleich von 2.7 Prozent gewährt werde und dass für das Nachfolgejahr eine Besoldungsrevision vorgesehen sei, welche gesamthaft Reallohnerhöhungen von 3 Prozent bringen solle. Man ziehe den Vergleich mit dem aktuellen Jahr 2016: Unsere Quartalsabrechnungen begleicht der Kanton Aargau in der Regel innert Monatsfrist, das Zinsniveau tendiert gegen 0 Prozent, die Teuerung weicht einer Deflation und Reallohnerhöhungen sind angesichts des auch heute wieder angeschlagenen Finanzhaushaltes des Kantons weit und breit nicht in Sicht.
Historisches tut sich in Aarau: Am 26. Juni 1982 findet in der Telli der Spatenstich für die Schulanlage Telli statt. Und wieder ist unsere Stiftung der Zeit sehr vertrauensvoll voraus: Der Regierungsrat genehmigt das Bauprojekt und die damit zusammenhängende Bausubvention nämlich erst rund zwei Monate später, am 23. August 1982 ... !
Ein Bazar trägt rund CHF 13‘000 an das benötigte Eigenkapital von rund CHF 3.2 Millionen bei und selbst eine für diesen Bazar gestrickte Wolldecke verdankt der in Aarau frisch gewählte neue Betriebsleiter Franz Bregenzer schriftlich! In Baden nimmt der damalige Badener Stadtschreiber Heinz Hermann seine Tätigkeit als Präsident der Betriebskommission auf. Er wird dem Stiftungsrat mehr als dreissig Jahre lang treu bleiben. Gleichzeitig beschliesst der Stadtrat Baden, dass in Dättwil ein gemeinsames Schulzentrum mit Primarschule und unserer Sonderschule erstellt werden soll, die Heilpädagogische Schule aber nicht am selben Standort realisiert werde.
Wiederum liegen uns umfangreiche Unterlagen über Schulverlegungen in Lausanne und in Vernamiège VS vor. Das es auch einfacher geht, zeigt eine Schulreise der Unterstufe nach Rupperswil und zurück.
Unser Schüler „Max“ „beteiligt sich aktiv am mündlichen Unterricht ... seine Aufsätzchen sind im Inhalt nett ... das Zehnereinmaleins beherrscht er sicher.“ Und nur ein halbes Jahr später ist „Max“ nicht mehr nur für eine Teuerung von 2.7 Prozent gerüstet: „Er rechnet sicher im Zahlenraum 10‘000.“ Dafür kämpft er immer wieder mit den Folgen seiner Hemiplegie: „Sobald er jedoch den Ergotherapieraum verlässt, vergisst er seine rechte Seite und er muss noch lernen, die behinderte Seite immer und überall miteinzubeziehen ...“
Ueli Speich, Stiftungsleiter