1970
Schreibmaschinenunterricht zum Zweiten, Kuriositäten, einem „Chlapf“ folgt der neue Schul- und Heimleiter – und in Baden geht es rassig vorwärts!
In seiner Ausgabe vom 17. Juni 1970 veröffentlicht der damalige „Aargauer Kurier“ einen ausführlichen Artikel zum Schreiben mit elektrischen Schreibmaschinen im Schulheim Aarau. Ein interner ausführlicher Bericht über die ersten acht Monate der methodischen Arbeit beschreibt den „Fachunterricht im Blindschreiben an elektrischen Schreibmaschinen“ und zeigt dessen Bedeutung bezüglich einer späteren beruflichen Integration auf. Der Weihnachtswunschzettel von „Gabi“ enthält aber keine elektrische Schreibmaschine, sondern eine kleine „Heintjeplatte“ sowie eine Taschenlampe und ein Taschenradio. Mit Schreiben vom 17. Mai 1970 klärt ein Aarauer Zahnarzt die Stiftung zudem über die Zahnhygiene im Allgemeinen und die damit verbundene Verantwortung eines Schulheimes im Besonderen auf.
Krach im Gebälk der Stiftung und einen neuen Heimleiter
Im Gebälk der Aargauischen Stiftung für cerebral Gelähmte kracht es: Am 3. Februar 1970 erklärt der Präsident des Stiftungsrates seine umgehende Demission und übergibt die Akten an die Geschäftsstelle. Ein Kontrollausschuss wird eingesetzt und legt am 01. Juli 1970 einen umfangreichen Bericht vor, den wir aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht veröffentlichen. Die Stellungnahme des Stiftungsratsausschusses vom 15. September 1970 zeigt, dass sich der Konflikt auf strategischer Ebene offenbar an der Einführung des Schreibmaschinenunterrichtes entzündet hat – mit unabsehbaren Folgen. Mit Schreiben vom 29. Mai 1970 informiert ein Arbeitsausschuss über personelle Veränderungen im Schulheim. Beinahe in einem Nebensatz erfahren die Eltern, dass die bisherige Heimleiterin das Schulheim Ende Mai verlasse. Auf der zweiten Seite dieses Schreibens lesen die Eltern zudem, dass die Oberstufe ab nächstem Quartal von einem sehr gut ausgewiesenen Sekundarlehrer namens Gérald Erne übernommen werde. Und ergänzend folgt einige Zeilen später folgender Hinweis: „Die Leitung der Sonderschule mit Therapiestelle und Internat wird in seine Hände gelegt.“
Fortschritte mit dem Standort Baden
Trotz all dieser Turbulenzen geht es in Baden zügig vorwärts: Mit Schreiben vom 14. Mai 1970 bedient die Vereinigung das Hochbauamt Baden mit einem umfassenden Beschrieb eines Schulheimes inklusive Therapie- und Beratungsstelle für Kinder mit cerebralen Bewegungsstörungen. Dazu gehört der Entwurf eines Raumprogrammes. Dieses wird bis im Dezember 1970 überarbeitet und verfeinert. Per 1. Dezember 1970 kann die Stiftung im 1. Stock über der Konditorei – Café Knaus in Ennetbaden vorläufig eine Wohnung zur Nutzung als ambulante Behandlungspraxis mieten.
Im Jahresbericht 1970 der Vereinigung – ein Bericht der Stiftung ist auch für das Jahr 1970 nicht auffindbar – weist der Präsident der Vereinigung auf die erfreulichen Entwicklungen im Schulheim Aarau hin: „Der neue Schulleiter Herr G. Erne – obwohl erst seit Mitte August im Amt – legte bis Jahresende in beispiellosem Einsatz folgende Neuerungen vor ...“ Es folgt eine Aufzählung von sechs zentralen Entwicklungsschwerpunkten. Das Kapitel zum Schulheim Aarau schliesst mit folgendem Satz: „Die Elternvereinigung darf sich über ihre Mitglieder, das Ehepaar Erne-Meyle nicht nur sehr freuen, sondern auch stolz sein; wir möchten den Eheleuten von Herzen innigen Dank aussprechen.“
Ueli Speich, Stiftungsleiter